Ohne sich zu bewegen starrte Faeres die Kreatur an, die, mit den Rücken zu ihm, unter einem der überdachten Steinarkaden stand. In einer bizarren, krankhaften Haltung krümmte sich der dürre Körper… das Wesen schien sie sich über etwas zu bücken… Ein schmutziger schwarzer Mantel klebte eng am missgebildeten Rücken und unter dem dünnen Stoff zeichneten sich einzelne Rippenknochen und Wirbel ab… Unter der Kapuze hingen lange graue Haare hervor… Der Engel konnte einfach seinen Blick nicht abwenden; teils aus Vorsicht, teils aus Neugierde und Furcht… Zwischen den Säulen schauend, konnte Faeres eine dürre, abgemagerte Hand erkennen, welche aus den Falten des Mantels kam und sich langsam auf das Bäumchen hin ausstreckte. Schwarze, glänzende Haut…
Als die Schrecksekunde vorbei war, zwang Faeres sich, ganz langsam einen Fuß nach hinten zu setzen… So still und doch so schnell wie möglich wollte er so weit weg von diesem Raum wie er nur konnte. Doch plötzlich fing in seinen Händen etwas zu glühen an… heiß und hell… Er stieß schmerzvoll die Luft aus und blickte mit Tränen in den Augen in seine Hände – doch alles war zu verschwommen, als dass er erkannt hätte, was es war…
Zu spät bemerkte der Engel, dass die Kreatur ihn jetzt wahrgenommen hatte… Als er aufschaute, strömte eine schwarze Masse auf ihn zu, er wandte sich reflexartig um und stolperte fast über seine eigenen Füße, als er blind drauflos rannte… Ihm war egal, in welche der Gänge dieses verfluchten Labyrinths er flüchten würde, egal, was dort noch vielleicht auf ihn wartete – er wollte nur noch weg vor diesem Monster! Er blinzelte hektisch, um wieder sehen zu können und wich gerade noch einer Säule aus… Dort vorne, ein Gang! Er hörte, wie es hinter ihm raschelte, konnte fast spühren, wie die Kreatur ihre Arme nach ihm ausstreckte … und tauchte in das Dunkel...
Diesmal gewöhnten sich seine Augen schneller daran und er nahm so viel Abzweigungen, wie nur möglich, rannte, so schnell er nur konnte und hatte nach einer Ewigkeit seinen Verfolger verloren… Er lehnte sich gegen die Wand und horchte… Stille… Doch die Stille war eine erdrückende, eine endgültige… Sie schnürte ihm förmlich die Luft zu, als er zu atmen versuchte… Die Dunkelheit, die Kälte und die Boshaftigkeit dieses Ortes… Er beschloss, weiter zu laufen. Die einzigen Geräusche, die ihn nun begleiteten, waren seine Schritte, die von den Wänden widerhallten und sein eigener, schwerer Atem… Kein Rascheln eines Mantels, kein rasselndes Schlurfen…
Erst nach einiger Zeit erinnerte er sich an seine Hände. Er schaute herab und sah darin eine Blume liegen. Die Blume war etwa so groß wie seine Hand und leuchtete goldgelb. Zu Faeres’ Erstaunen, begann sich die Blume ineinander zu falten, stülpte hier und da ein Blättchen um, bis schließlich in der Hand des Engels keine Blume mehr lag, sondern ein kleines Vögelchen. Ein Vogel gemacht aus einer Blüte… Es spreizte die Flügel, schwang sich in die Luft und flatterte voraus in den Gang…
Warte! Rief Faeres und schnappte mit der Hand danach – doch das Vögelchen war schneller. Faeres folgte ihm aufgeregt und beeilte sich, dass er es nicht aus den Augen verlor… Offensichtlich wusste das Vögelchen, wohin sie mussten, denn Faeres wusste es ganz bestimmt nicht…