Mit noch immer wild klopfendem Herzen schlägt die Amazone die Tür ihrer Kammer hinter sich zu und lehnt sich mit geschlossenen Augen dagegen. Sie braucht ein paar Augenblicke, ehe sie sich wieder voll und ganz beruhigt hat. Seufzend drückt sie sich dann von der Tür ab, geht auf den kleinen Tisch zu und blickt sich in dem Turmzimmer, das sie ihr Eigen nennt, um. Kein Staubkörnchen bedeckt den Boden oder das Inventar. Die Goblins scheinen in Windeseile alles wieder hergerichtet zu haben. Corelia kommt es fast so vor, als wäre sie niemals weg gewesen. Sogar im Kamin liegt frisches Holz, falls ihr zu kalt werden sollte.
Ihr Zimmer war schon immer eher zweckmäßig als luxuriös ausgestattet. Es befinden sich nur einfach Holzmöbel darin, darunter der Tisch mit zwei Stühlen, ein Schrank, ein Bett, der Waffen- und Rüstungsständer sowie eine kleine Waschnische. Was Corelia an diesem Zimmer aber immer besonders gut gefallen hat, sind die Fenster, die sich über alle Wände ziehen. Hier, vom fast höchsten Punkt des Turmes, hat sie einen einmaligen Blick über das Land. Die Zerstörerin stützt sich mit beiden Händen auf einem der Fenstersimse ab, lässt ihren Blick schweifen und spürt sogleich, wie sie ruhiger wird. Es tut ihr unglaublich gut wieder zu Hause zu sein. Doch zugleich betrübt es sie auch ein wenig. Besonders jetzt, da ihr Blick auf den Horst fällt, der sich genau rechts des Fensters an der Außenmauer befindet, an dem sie steht. Es ist lange her, dass dieser Horst bewohnt war und wie so oft, verspürt sie einen Stich im Herzen, wenn sie an Melody denkt. Aber sie wäre keine Zerstörerin, würde sie sich von solch sentimentalen Gefühlen leiten oder gar hinreißen lassen. Sie weiß, dass ihre beiden Gefährten alleine zurecht kommen und das irgendwann der Tag kommen wird, an dem sie den Weg zu ihr zurück finden werden. Vermutlich nicht gemeinsam, dafür sind sie zu unterschiedlich. Melody, die elegant durch die Lüfte gleitet und doch so todbringend sein kann. Und Nerighal, der majestätisch durch die Wälder trabt und sie so gut kennt wie kaum ein anderer.
Irgendwann sehen wir uns wieder....
Flüstert sie leise, mit einem milden Lächeln auf den Lippen. Wenn sie jetzt jemand sehen würde, könnte man sie fast als sanftmütig bezeichnen. Grober Fehler! Corelia reißt sich von ihren Gedanken los, geht zu der kleinen Waschnische und benetzt ihr Gesicht mit kaltem Wasser. Immerhin haben die Gedanken an ihre alten Gefährten sie wieder beruhigt, ihr Kopf ist wieder klar, die Wut ist verschwunden.
Frisch zurecht gemacht und vom Blut gesäubert, verlässt sie in ihrer leichten Rüstung ihre Kammer wieder. Es wird Zeit sich zu versammeln, Zeit, die Rückkehr des Ordens angemessen zu zelebrieren. Bedächtig und doch voller Vorfreude nun endlich ihre Brüder und Schwestern zu treffen, steigt sie die Treppen hinab. Kaum ist sie unten angekommen, nähert ihr sich unterwürfig und vorsichtig ein Goblin. Buckelnd hält er ihr eine Pergamentrolle hin, nach der sie wortlos greift. Sogleich ist die unwürdige Kreatur auch schon wieder verschwunden. Stirnrunzelnd rollt die Amazone das Blatt auf. Gesiegelt war es nicht. Als sie zu lesen beginnt, erhellen sich ihre Gesichtszüge, bis hin zu einem mehr als fiesen Lachen, was beides einfach nicht so recht zusammenpassen will. Die Kunde, dass der Orden der Zerstörung wieder zurück ist, verbreitet sich wie ein Lauffeuer im Lande Ferono. Viele - wenngleich auch nicht alle - halten sinnbildlich die Luft an und beobachten erstarrt den Durchmarsch des Ordens. Es wurde gekämpft, gemetzelt und geschlachtet, bis man schließlich wieder dort angekommen ist, wo man hingehört! Noch während sie weiter liest, setzt sie ihren Weg fort. Bedächtig erreicht sie die große Halle und bleibt dort am Kamin, dessen Feuer hell lodert, stehen. Weiter steht in dem Schreiben, das gemunkelt wird, dass man schon lange nichts mehr vergleichbares gesehen hat. Corelia grinst erneut, wirft das Pergament ins Feuer und zuckt mit den Schultern.
Wer glaubt, wir lassen uns jetzt noch aufhalten oder wir hätten schon genug, der muss dem Irrsinn anheim gefallen sein!
Mit sichtbar guter Laune wendet sie sich nach links in den Gang, der sie hinunter in den Keller führt. Schon bald wird sie auf ihre Gefährten hier treffen und sie ist mehr als stolz auf die geschlossenen Ordensleistung. Ihr dürstet es nach einem ordentlichen Schluck Starkbier. Und nach noch mehr Blut!