Plötzlich änderte sich die
Lage seines Körpers, und er begriff, daß sich etwas Furchtbares ereignet hatte.
Er war noch nicht imstande, sich über das Geschehene klare Rechenschaft zu
geben, als bereits dicht neben ihm die weißen Füße des Fuchshengstes
auftauchten und Machotin in schnellem Galopp vorbeiflog. Wronski berührte
mit dem einen Fuß die Erde, und sein Pferd sank über diesen Fuß nieder.
Kaum hatte er Zeit gehabt, den Fuß herauszuziehen, als Frou-Frou auch schon
auf eine Seite fiel, schwer röchelte und mit ihrem feinen, schweißbedeckten
Halse vergebliche Anstrengungen machte, sich aufzurichten; sie schlug auf der
Erde zu seinen Füßen um sich wie ein angeschossener Vogel. Durch seine
ungeschickte Bewegung hatte Wronski ihr das Rückgrat gebrochen. Aber zum
Verständnis dieses Herganges kam er erst weit später. Jetzt sah er nur, daß
Machotin sich schnell entfernte, er selbst aber taumelnd, allein, auf der
schmutzigen, unbeweglichen Erde dastand und vor ihm, schwer atmend,
Frou-Frou lag und, den Kopf zu ihm hin drehend, ihn mit ihrem wundervollen
Auge ansah. Immer noch ohne Verständnis des Geschehenen, riß Wronski die
Stute am Zügel. Von neuem machte sie mit dem ganze Leibe krampfhafte
Bewegungen wie ein Fisch, so daß die Sattelflügel knarrten; die Vorderfüße
bekam sie frei; aber nicht imstande, das Hinterteil in die Höhe zu heben, kam
sie sofort ins Schwanken und fiel wieder auf die Seite. Das Gesicht von
Leidenschaft ganz entstellt, bleich und mit zitterndem Unterkiefer, stieß
Wronski sie mit dem Stiefelabsatz gegen den Leib und begann von neuem am
Zügel zu zerren. Aber sie bewegte sich nicht, drückte die Nase gegen die Erde
und sah nur mit ihrem sprechenden Blicke ihren Herrn an.
»Aaah!« kam es bei Wronski wie ein Gebrüll heraus, und er griff sich an
den Kopf. »Aaah! Was habe ich getan!« schrie er. »Und das Rennen habe ich
verloren! Und es ist meine Schuld, meine eigene, schmähliche, unverzeihliche
Schuld! Und dieses unglückliche, liebe, zugrunde gerichtete Pferd! Aaah! Was
habe ich getan!«
Eine Menge Zuschauer, auch ein Arzt und ein Heilgehilfe sowie viele
Offiziere seines Regiments kamen herbeigelaufen. Zu seinem Unglück fühlte
er, daß er heil und unverletzt war. Das Pferd hatte sich den Rücken gebrochen
und mußte erschossen werden. Wronski war nicht imstande, auf Fragen zu
antworten und konnte mit niemandem sprechen.
Anna Karenina...