Guten Abend, zusammen
Ich habe die Zeit, seit ich hier bin vor allem mit lesen verbracht, um mich hier einigermaßen zurecht zu finden und dabei bin ich auch auf viele wirklich tolle Geschichten gestoßen! Und da dachte ich mir, vielleicht liest man ja auch eine von meinen Geschichten mit Wohlwollen...
Ich bin übrigens froh über ein bisschen Feedback
Am liebsten wäre es mir, wenn jemand begründet, warum ihm/ihr mein Werk gefällt oder nicht gefällt. Ansonsten kann ich recht wenig damit anfangen und mich dementsprechend auch nicht verbessern...
Die vergessenen Siege
Schwer atmend steht er in seinem Badezimmer. Er steht vor
seinem Spiegel, die Hände auf dem Rand des Waschbeckens aufgestützt. Als er
seinen Blick hebt, blickt er direkt in ein Paar blutunterlaufener Augen, die
ihn aus tiefen Höhlen heraus anstarren. Tiefe Augenringe werfen ihre fahlen
Schatten über das ganze Gesicht. Es ist ein Regentag für ihn. Wie die letzten
Tage, Wochen, Monate ausnahmslos Regentage, -wochen, -monate für ihn waren. Und
jeder dieser Tage begann mit dem schweren Blick in den Spiegel, in dieses
kaputte Gesicht, das ihn nur noch anwidert, das er am liebsten nie wieder sehen
würde. Doch mit jedem Blick in den Spiegel werden die Ringe unter den Augen
größer, die Augenhöhlen tiefer und das Gewicht auf seinen Gliedern lastet immer
schwerer auf ihm und zieht ihn nur noch weiter in einen schreienden Abgrund.
Seine Faust trifft mit Wucht auf die kalten Fliesen, die ihn, bunt gemustert,
zu verhöhnen scheinen. Früher hat er seine Wut, seinen Selbsthass heraus
geschrien, doch inzwischen fehlt ihm die Kraft. Gleichgültig blickt er auf den
kleinen Riss an seinem Knöchel, aus dem langsam Blut sickert. Es rinnt seinen
Mittelfinger entlang, bahnt sich seinen unaufhaltsamen Weg abwärts, immer nach
unten, bis es seine Fingerkuppe erreicht und fällt. Sich fallen lassen. Es
scheint, als wäre ihm allein der grausame Zynismus hinter dieser leeren Phrase
bewusst. Er kann diese Allgemeinplätze nicht mehr hören. Das Leben muss weiter
gehen. Das wird schon wieder. Und natürlich die Zeit, die alle Wunden heilt. Jeder
dieser Sätze ist ein weiteres Kilo Blei, das auf ihm lastet. Ein weiteres
Messer, das ihm mitten ins Herz gerammt wird. Wie viele Messer erträgt ein
Herz? Wie viele Messer erträgt SEIN Herz? Wann erhält er den finalen Treffer,
der ihn erlöst, der ihn frei werden lässt? Das Blut beginnt zu gerinnen und das
kleine Blutrinnsal findet sein Ende. Er beißt die Zähne zusammen und presst
seinen Daumen auf den Riss, damit er den Schmerz spürt. Den Schmerz, der ihm
zeigt, dass er noch am Leben ist. Der ihn einen Sieg erringen lässt.
Am Ende werden diese Siege vergessen sein, überschattet von
der einen Niederlage. Sie wird in Erinnerung bleiben, nicht die jahrelange
Schlacht, die er erfolgreich geschlagen hat.